Tag 29: alles vorbereiten für den großen Einzug morgen in Santiago – 20km vor dem Ziel in Pedrouzo (26.06.14)

Heute nochmal 34 km ab Sarria, um eine gute letzte Strecke zu habe (20 km nach Santiago rein). Zwanzig vor sieben gehts los. Fertig gefrühstückt. Es wird gerade hell.
Es ist bewölkt, gut zu laufen. Aber es kommt gleich ein langer, steiler Anstieg (wie noch mehr heute), so dass ich bald meinen Fleece ausziehe. Es sind immer wieder Andere zu überholen, besonders Gruppen, welche erst eingestiegen sind: Eine Kindergruppe mit Betreuer, eine (Klein-)Bus-Gruppe aus Frankfurt, eine gemischte Gruppe aus Houston (Texas) von einer kath.-charismatischen Kirche, eingestiegen in Astorga. Auch sehe ich etliche Invaliden u. Ä. Wie eine Mann, der nach Holzbein aussieht, einer Frau mit massiv verbundenem Bein und einer asiatischen Mutter mit einem Down-Syndrom- Jungen. Aber auch viele ganz ohne oder nur leichtem Gepäck.
In Boente eröffnen gerade die“beiden Deutschen“ ihre Bar, ein blitzsauberes neues Haus, es bleiben auch. Isle Fotografen stehen. Leider ist es noch viel zu früh für das 2te Frühstück.
Um 10 mache ich Kakao-Pause in Arzú in einer Metzgerei (mit Bar). Ich hoffe, noch bis Pedrouzo zu kommen, aber die letzten 5 km wollen einfach nicht anfangen. So lege ich doch einen Mittagsimbiss ein, halb zwei. Die Bocadilla con Tortilla ist ein Riesen Ding, schmeckt und geht ganz rein. Eine Stunde später bin ich an meiner Wunsch-Herberge, bekomme gerade den letzten Platz. Klappt doch. Jetzt Kultivieren, Waschen, Heimflug für Montag buchen und dann aufs Fußballspiel warten. Oh Schreck – hier übertragen sie Portugal gegen Ghana. Muss ich doch noch ins Dorf, vielleicht gibts da ein D – USA-Spiel. Aber Heimflug Buchen hat Priorität. Dauer leider so lang wie das Spiel, weil die Seite recht labil ist und immer wieder auf Spanisch umschaltetet. Und dann noch über den PC hier in der Herberge ausdrucken. Ronaldo
Muss weinen, die Spanier hier auch, Müller sehe ich leider nicht jubeln. Ich konnte nur auf meiner WM-App den Spielkommentar verfolgen. Zum Achtelfinale bin ich zu Haus!
Aber erst kommt noch der krönende Abschluss morgen. Ich muss
Mir noch eine Unterkunft aussuchen, um 12 möchte ich in die Pilgermesse. Wahrscheinlich mit gigantischem Weihrauchfass!

Tag 28: An die 50 km-Grenze in Melide (25.06.14)

Die Studenten-Gruppe, auch in unserer Herberge schliefen, sind um 6 Uhr schon weg. Sie kommen übrigens aus Cansas City, USA, die Reise war von der Uni angeboten. Nach 1 Stunde traf ich sie an der Bar, wo ich auch frühstückte.

Deutsche Reisegruppe aus Ulm, ein Bus voll

ME vor Coto

Herberge und Pulpo in Melide, 51 km vor Santiago

Tag 27: Durch Portomarin bis Gonzar (24.06.14)

Nach einer sehr guten Nacht habe ich Wunschfrühstück drei Häuser weiter. Der Wirt scheint sein bester Kunde am Spielautomaten zu sein. sein Kuchen ist besser als ein Croissant. Dann gehts hinaus aus Sarria, immer nach oben, vorbei am Kloster. Die Wege sind gut, aber vom abendlichen Regensturm nass, die ungeschotterten voller Pfützen und matschig. Weiter oben ist ein Maisfeld z. T. plattgeschwemmt. Die Landschaft ist frisch-grün, es geht manchmal durch Alleen, dann aber meistens mehr auf als ab. Zwei Stunden lang. Die Bar im ersten Dorf ist schon belagert, keine bekannten Gesichter. Kakao bekomme ich in einer extra großen Tasse Milch, da sind ja die nächsten zwei Stunden gesichert. Unterwegs eine Familie aus Arizona mit zwei Jungs mit ca 10, die Mutter tröstet sie, dass sie viele andere Jungs und Mädchen treffen werden. Ein Senior, bestimmt über 75, aus Aachen, ist heuer schon zum achten Mal auf dem Camino, immer kurze Etappen. Heuer startete er in Sarria. Ein mittelalterlicher Engländer – es gibt wenige hier – erklärt mir, dass er schon die letzten drei Jahre Strecken gelaufen sei. Dann spricht ihn eine Engländerin an. Eine neue Gesprächspartnerin für ihn.
Dann gehts nach Portomarin hinunter. Liegt am aufgestauten Rio Miño. Der Ort wurde in den 60ern oben neu aufgebaut, weil der ursprüngliche im Stausee versank. Nur die Kirche San Nicolás haben sie Stein für Stein abgetragen und wieder original aufgebaut. Ich nehme eine Mittagsstärkung, Spiegeleier mit Pommes, Suppe gibts erst um eins. Kirche anschauen, um diese Zeit wie in Spanien üblich nur von außen, Wasser nachfüllen, dann warten die nächsten gut acht km. Ich möchte meine gute Laufleistung von gestern nicht vertun, denn ab Gonzar wären es noch 88 km. Das bedeutet zwei 35er und eine finale 20er Etappe am Freitag bis Santiago! Jakobus zieht schon deutlich. Und das Wetter hat heute auch gehalten, es war zwar immer dicht bewölkt, aber kein Regen. Jetzt auch noch nicht, meine Wäsche muss ja noch trocknen. Hier in der Herberge wollten sie mir erst keinen Platz geben, da ging ich schon in Richtung kommunale Herberge los, als mir eine ältere Dame nachlief, dass sie doch noch ein Bett hätten. Diese private Herberge ist wirklich sehr gepflegt, in einem gut renovierten Steinhaus, mit schönem Innenhof mit Bar. Also ein ganzer Stern mehr als die Öffentlichen. Die Gruppe Amerikaner, die gebucht hatten, sind auch eingelaufen, gemischtes Alter, sehr höflich. (In den kommunalen, so die Regel, kann nicht gebucht werden.) Ab sieben Uhr soll’s Abendessen geben. Da kann ich jetzt noch meine Fotos und den Bericht hochladen. Vielleicht gibts auch noch Fussball auf dem Fernseher, der im Aufenthaltsraum läuft.

Tag 26: Hinunter bis Sarria (23.06.2014)

Oben bei O Sebreiro ist kein Nebel mehr wie gestern Abend nach den Regenschauer. Wege sind ganz gut. Es geht immer wieder die Straße lang, dann wieder mal weg und dann aber bergab- bergauf, um wieder au die Straße zu kommen. Besonders das letzt Stück bis zum Alto de Poio ist kriminell, wie gestern nach O Sebreiro. Wozu, frage ich mich. Ich glaube, das der frühere Camino genau da lang ging, wo heute die Landstrasse lang geht. Nur hat man den Peregrinos den Schwierigkeitsgrad erhöht, damit sie in den Bars mehr verzehren. Oben am Alto in der Bar treffe ich Father Mathew (indischer Pfarrer) und seine Italiener Paolo. Wenn es stimmt, sind die 45 min vor mir losgelaufen! Hier bekomme ich mein Standard- Frühstück und laufen dann hinterher, nach 20 min habe ich Mathew eingeholt. Wir sind von einer Horde junger Italiener umgeben, die erst heute losgelaufen sind. Im nächsten Dorf steht wie im Reiseführer beschrieben Carmen und bietet Pfannkuchen (mit Zucker) an. Um halb 11 machen wir Rast an einer Bar, ich hole mir meinen Kakao. Mathew wartet auf Paolo, als er da ist, lass ich die beiden weiter ziehen. Um halb zwölf laufe ich durch Triacastele, es ist mir zu früh, um heute Schluss zu machen. Andreas bleibt hier. Weiters nehme ich den Original-Weg, nicht den neuen über Samos. In A Balsa mache ich dann Mittag, ich traue mich in eine Alternative Bar: Sie, ca. 25, ist aus Ravensburg, ist nach einem Camino (nach Tod ihrer Mutter) wieder zurück gekommen und hat mit ihrem italienischen Freund vom Camino hier ein alternatives Leben angefangen. Ich bekomme einen bunt ausgemalten Stempel und ein belegtes Brötchen, eher Burger, mit Ei und Tomate. Vegetarisch. Passt auch. Dann gehts weiter, sehr schöne Landschaft, wieder wie Fränkische. Und ein kleiner Pass, d. h. hinauf und dann wieder hinunter. Dann will ich in Calvor übernachten wie die zwei Paare, die ich überholt habe. Doch die Herberge finde ich nicht gleich. Und es ziehen bedrohliche Gewitterwolken herum. Also weiter bis San Mamede. Ein Norweger, der seine Frau verpasst hat, weil er den falschen Weg genommen hat, zeigt mir die Herberge. Jakobus hat mich erhört, denn just erst in dem Moment, als ich in der Herberge einlaufe, bricht das Inferno los. Es regnet waagrecht. Aber der Herbergschef bedauert, dass die Bude voll ist. Und jetzt? Warten. Zwei Deutsche sitzen schon da, dann kommt noch einer mit einem Pilgerkreuz, 2 m hoch und 1,5 m der Querbalken, aus Stecken mit 5 cm Durchmesser. Im Regen kommen noch ein junges Koreanerpärchen und eine Spanierin. Ich nehme das Angebot auf einen Kaffee an. Dann dürfen wir uns ins „Wohnzimmer“ (Aufenthaltsraum) der sehr schönen Herberge setzen. Wider Erwarten kläret es nach einer Stunde auf, man kann loslaufen. Nach Sarria rein ist’s 4 km. 1 Stunde. Ich gehe in die Herberge der Spanierin, was sich als guter Griff herausstellt. Zum Abendessen nebenan treffe ich die beiden Berliner aus San Mamede. Sie residieren nebenan, Einzelzimmer. Heute war ihr erster Tag. Guido, Anfang 30, ist Versicherungskaufmann im Innendienst, Peter Ende 50 und Feuerwehrmann. Er hat das letzte halbe Jahr nur gelegen, wegen Rückenproblemen. Dem Guido muss ich alles Mögliche erzählen, von meinem Beruf über meine Etappen bis zum Inhalt meins Rucksacks – er hat doch tatsächlich sieben Unterhosen usw. dabei! Peter amüsiert sich darüber.
Schade, dass ich um 10 ins Bett gehe, denn heute ist hier großes Abschlussfest zu Johannes- Feierlichkeiten mit großem Feuer und so. Aber ich bin ja sehr zufrieden mit meinen 42 km heute.
Ich habe ein Bett am Fenster in den sehr großzügig möblierten Schlafsaal mit 20 Leute, nur zur Hälfte belegt.

Tag 25: Hinauf nach O Sebreiro, hinüber nach Galicien (22.06.14)

In Villafranca droht es zu regnen, die Straßen sind nass. Also Regenjacke im Rucksack nach oben holen und ihm seine Regenhaube überstülpen. Doch nach 20 Minuten hellt es sich auf. Heute geht es überwiegend entlang der Landstraße A142. Alternativ gibt es eine Weg über den Berg, doch das brauche ich heute nicht. Diesen Weg lasse ich den Sportlern und aber Bergbesessenen. Entlang der Straße finde ich es vernichtet so schlecht wie beschrieben, zumal die Natur immer üppiger und die Landschaft immer romantischer wird, wie in einem Tal der Fränkischen Schweiz, nur höher. Mir scheint, der Kerkeling hat mit seiner diesbezüglichen Kritik hier von anderen übernommen. Es geht auf jeden Fall ziemlich eben zu, nur leichte Steigung. Da kann ich die 10
km inclusive Pausen in unter 2 Std. erledigen. Weitere 5 km sind dann, was die Steigung angeht, in einer anderen Kategorie, aber noch auf befestigten Straßen. Aber nach Herrerias kommt noch 400 Höhenmeter von den gesamten 600 auf der heutigen Strecke. Ich beschließe, doch einen Teil der 15 km vor der Mittagspause zu bewältigen, um den letzten Abschnitt für das Mittagstief angemessener zu machen. Gut so. Denn jetzt wir es wirklich derb: der steilste Anstieg auf dem Camino, dazu steinige enge Abschnitte. Ich passiere ab dem malerischen Tal von Herreiros wirklich die angekündigten „fertigen“ Pilger am Wegesrand. Mein Hemd ist nur noch Wasserfilter. Aber Landschaft und Natur sind traumhaft. Um halb eins bin ich La Faba. In einer alternativen Bar sitzen der indische Pfarrer Mathew um sein italienische Begleiter. Dort nehme ich zuerst exotische Säfte: Orange mit Ingwer und Minze, dann Gemüsesaft. Kann mit dem ersten nicht mithalten. Dann Linsensuppe. Ich glaube , das ist genau richtig vor dem weiteren Aufstieg. Ausgiebig Pflege meiner Freunde, denn sie müssen jetzt wieder über Geröll und Steine. Und es kommt wirklich deftig. Wieder „Leichen“ am Wegesrand. Ich lass mich aber auch von Jüngeren überholen, wie von Andreas mit seiner Mannschaft. Hier kommt einfach die max. Pulszahl zum tragen, und da bin ich halt doppelt so alt wie die. Aber weiter oben sind dann die Bäume weg und es bietet sich eine phantastische Aussicht. Grandios. Und da bin ich in drei Stunden hoch.
Jetzt kommt auch der schöne Grenzstein von Galicien, und kaum einen km weiter bin ich in O Sebreiro. Vor 20 Jahren war hier neben der Kirche nicht viel, heute stehen da ca. 15 Häuser für Pilger und vor allem Touris (Nippes-Läden). An das Denkmal für den Pfarrer kann ich mich gut erinnern, der den Jakobsweg maßgeblich ausgeschildert hat , besonders der gelbe Pfeil stammt von ihm.
Um 7 ist Abendmesse, Pfarrer Mathew co-zelebriert. Anschließend begleite ich ihn und seinen Italiener beim Abendessen.

Tag 24: … ins Dorf der Franken fahren (Villafranca) (21.06.14)

Tag24_9 Tag24_8 Tag24_7 Tag24_6 Tag24_5 Tag24_4 Tag24_3 Tag24_2 Tag24_1Vorbei an der Templerburg gehts in Richtung Villafranca dem Bierzo. Da wir, Ernst, Herbert und ich, den Abzweig des offiziellen Camino nicht sehen, bleiben wir auf der Avenida Galicia und kommen so auf dem direkten Weg die folgenden Strassendörfer. Da kann man auch mal ein zweites Frühstück einlegen. Mein Standardtempo ist aber etwa höher als der anderen beiden, so setze ich mich ab. Hinter Pieros folge ich dann dem Abzweig von der Überlandstrasse, ausheilt mir die Autos immer zu knapp am Ellenbogen vorbei fahren. Diese nun folgen 6 km sind ganz schön nervig, weil es ordentlich auf und ab geht, auf staubigen, frisch planierten Pisten. Wäre ich doch auf der Straße geblieben. Eingekleidet Entschädigung sind die aromatischen, schon etwa verschrumpelten Kirschen, die ich mir heute mal pflücke.
In Villafranca sind gleich am Eingang zwei Herberge : eine als kultig beschriebene, wo ich aber 1/2 Stunde auf die Öffnung waren müsste. Eine Horde Japaner fotografiert auch schon rum. Also gehe ich hinüber zur städtischen Herberge. Siesta, Socken waschen, und im Städtchen Obst kaufen, ebenso ein neues Taschenmesser. Jetzt bin ich bereit, auf der Plaza Major zum AE zu gehen und anschließend in die Abendmesse. Ich werde gleich den indischen Pfarrer (Aushilfe in Augsburg, Studium in Rom, nach dem Camino zurück nach Indien als Kardinals-Sekretär.) fragen, ob er auch schon mitgeht.

Tag 23: Vom Cruz de Ferro zur Templer-Burg (20.06.14)

Tag23_7 Tag23_6 Tag23_5 Tag23_4  Tag23_2 Tag23_1Eigentlich wollte ich zum Sonnenaufgang am Cruz de Ferro sein, aber der Herbergswirt sagte mir, dass man ihn von dort gar nicht sieht. Also doch erst zum Frühstück aufstehen und dann hoch zum Kreuz. Außen begegnet mir Andreas mit einem Mitpilger, aber sie warten auf den Rest der Gruppe. Da Cruz de Ferro ist ein gigantischer Steinhaufen
mit einem Eichenpfahl in der Mitte, welche ca. 10 m hoch ist und ein Eisenkreuz trägt (Name!). Der Brauch, hier einen Stein als Last abzulegen, ist vermutlich schon viel älter als der erstmals erwähnte Steinhaufen. Auf jeden Fall ist das hier einer der emotionalsten Orte auf dem ganzen Camino. Es sind schon einige Pilger da, die einen schauen die am Stamm befestigten Tücher, Bänder und Nachrichten und beschrifteten Steine an, andere fotografieren, einer legt sehr aufgewühlt mehrere Steine nieder, wieder andere sitzen gesammelt auf den Stufen der Kapelle – gut, dass noch keine Buspilger oder Touris da sind und die Stimmung stören.
Der weitere Weg ist ganz angenehm, es läuft sich leicht und zügig. Etwa eine Stunde geht es auf der Höhe entlang, bevor der z. T. steile Abstieg beginnt. Mind 800 m! Auf einem Strassenabschnitt kommt mir ein Radler-Ehepaar aus Saarbrücken entgegen, die schon in Santiago war und jetzt über die Mittelmeerküste nach Hause fährt. Tag23_3

Im lieblichen Nachtigallental setzt es mich mitten in den kleinen Bach, keine Schäden, nur ein nasser Hintern. In Mulinaseca gibts Aufzuckerung: Trinkschkolade und frischer O-Saft. Das reicht, um 2 Uhr in Ponferrada einzulaufen. In der Tradition der Tempelritter ist hier eine große städtische Herberge für über 160 Pilger, aber alles in kleinen Räumen und blitzsauber. Unterkunft gegen Spende. In der Stadt ist die riesige Burg der Templer, wieder gut hergerichtet. Hilfreich ist, dass es hier einen Audioguide in Deutsch gibt. Noch mehr beeindruckt mich die Sonderausstellung von mittelalterlichen Handschriften, mit Buchmalereien, die man gesehen haben muss. Werke von unschätzbarem Wert. Aus ganz Europa zusammengetragen.

Tag 22: In die Berge von Leon: bis Foncebadón vor den Cruz de Ferro (19.06.14)

Tag22_9 Tag22_8 Tag22_7 Tag22_6 Tag22_5 Tag22_4 Tag22_3 Tag22_2 Tag22_1Am Plaza Major in Astorga bin ich der erste in der Bar zum Frühstück. Nach mir kommen gleich die zwei Senioren-Ehepaare aus Münster, die ich gestern an der „freundlichen Pilgerin“ überholt hatte. Aus der Stadt hinaus treffe ich wieder mal Sergio (aus Santos, Brasilien), der mir von seiner schmerzenden Sehne erzählt, aber auch dass er mich gestern vor der Kathedrale fotografiert hätte. Da er langsamer laufen wolle, ziehe ich weiter. Im nächsten Ort gibt es eine Abzweigung zu einem Abstecher nach Castrillo los Polvozales, einem super hergerichteten und wiederbeleben Ort, der vorher verwaist war wie etliche Dörfer hier. Der Rückweg nach Santa Catalina de Somosa verlangt Pfadfinderqualitäten, dank der Karte auf dem iPhone gerate ich nicht in Panik. In Castrillo gibt es O-Saft und Kakao, die Münsteraner kommen auch wieder. In El Ganso fülle ich nochmal meinen Wassertank in der Cowboy-Bar, denn ich habe ja noch mind. zwei Stunden. Bisher war der Weg sehr angenehm, die Landschaft freundlich mit magerer Vegetation aber viel Blühedem und Schmetterlingen, kaum Landwirtschaft – wir sind in der Maragatería! Doch zwei km vor Rabanal del Camino wird der Weg steil und steinig, ein Vorgeschmack auf den weiteren Weg. Denn wir sind jetzt gut 1000 m hoch, das Cruz de Ferro ist aber 1517 m! Rabanal, der klangvolle Name, kündigt einen sauber hergerichteten, auch auf Touris eingestellten Ort mit noblen Restaurants an. Kein Wunder, heute sind schon ein Studiosus-Reisebus und ein Radler-Begleitbus (mit Fahrradanhänger) vorbei gerauscht. Am Ortseingang darf ich mich als Falkner versuchen, der Ritter macht das gegen Spende. Dann kaufe ich mir als Mittagessen eine Fischsuppe und einen Americano. Dabei kann ich die Triumph- Fahrt des neuen Königs durch Madid im TV anschauen. Angesprochen auf den neuen König, winkt der Einheimische neben mir nur ab, mit zugehöriger Mimik. Vom anderen Tisch her höre ich sowas wie „Franco“. Naja.
Foncebadón ist geplant, als noch knapp zwei Stunden. Der Ort wurde erst vor 15 Jahren wieder aufgebaut, dabei hat angeblich hier im 10. Jahrhundert ein Konzil stattgefunden! Wegen Mittagskoma und steilem Anstieg gehts eben nur langsamer, aber ich muss nicht hetzen. Die meisten, denke ich, bleiben in Rabanal. In der alternativ angehauchten Herberge treffe ich u. A. Herti von Angelika von Saint Jean. Hertie gesteht, dass sie mehrere Strecken mit dem Bus gefahren sei. Gibts jetzt immer mehr. Wir das Chicka- Team aus Hannover, das mit Bus- Etappen in zwei Wochen nach Santiago will.
Jetzt ist es 7 Uhr, es gibt AE, Salat und Paella. Bin gespannt. Bei mir am Tisch sitzen Paula und Camilla (Mutter und Tochter) aus Brescia (Gardasee), der Italiener Leonardo aus Italien, den ich schon öfter getroffen habe, Alex aus Madrid (Ex-Venezuelaner), der jeden Tag 50 km lief, um rauszukriegen, ob er wirklich so jung ist, wie er sich fühlt, André aus Slowakien, der wegen mangelnder Verdienstmöglichkeiten in UK arbeitet. Als Vorspeise gibt ausgeschnittene Hartwurst Kind Schinken mit Weißbrot, die Paella kommt auf Tellern, dazu eine große Schüssel Salat zum Selbst-Anmachen. Als Nachspeise gibts leider keinen selbstgemachten Yoghurt von der eigenen Ziege, also Eis bzw. frisches Obst. Dann gehen alle Richtung Schlafraum.

Tag 21: Über den Rio Orbigo nach Astorga (18.06.14)

Tag21_9 Tag21_8 Tag21_7 Tag21_6 Tag21_5 Tag21_4 Tag21_3 Tag21_2 Tag21_1Fabio wartet geduldig auf mich, weil ich noch eine ausführliche Fußpflege durchziehe. Um 7 dann laufen wir los, ohne Frühstück. Weil in diesem Dorf keine Bar Frühstück anbietet. Und die Herbergschefin auch nicht, kann ich verstehen. Der nächste Ort ist Hospital de Órbigo, eine Stunde Weg. Also Frühstück. Und dann kommt die berühmte Brücke über den Rio Orbigo mit anschließender Flutbrücke, 19 Bögen lang. Erinnert mich an Höchstadt, wo sie die neue, 50 Jahre alte Betonbrücke abreißen müssen. Warum halten unsere Brücken nicht mehr?
Dann nehmen wir die schönere Route durch die Dörfer Villares de Órbigo, danach gehts durch Hügel, Feld und Wald. An einer Wegkreuzung suchen wir ratlos einen gelben Pfeil, bis wir endlich den mannsgrossen Pfeil mitten auf dem Weg sehen. Auf der Anhöhe Treffen wir auf eine „freie“ Verpflegungsstation mit jeder Menge frischem Obst, betrieben von David aus Barcelona mit seinem Freund. Nach 2km kommt schon das große Steinkreuz, von dem aus man einen herrlichen Blick auf die Ebene mit Astorga hat. Am Wegrand nach unten sitzt ein Gittarist, der jede „Peregrina“ ansingt in der Hoffnung auf Münzen.
Am Ortseingang von Astorga geht die Straße steil hoch, weil die ganze Altstadt auf einem Hügel mit einem gigantischen Mauerring liegt. Meine Herberge liegt gleich am Anfang, Fabio will heute noch zwei Orte weiter. Für mich passen die 23 km heute. Auch wenn es erst halb zwölf ist. Ich habe Glück und bekomme ein 4-Bett-Zimmmer. Nach Kultivieren und Siesta ist Sightseeing angesagt. Im Outdoor-Geschäft erzählt mir der Besitzer aus der Schweiz, dass er hier als Alternativer ein Verlassenes Dorf mir wiederbelebt hat und dann wegen seiner Kinder nicht mehr zurückkam.
Berühmt in Astorga sind die Kathedrale im Stil-Mix und der Bischofspalast von Gaudi, den man heute im Vergleich zu vor 19 Jahren besichtigen kann. Jetzt sitze ich wie damals vor dem Palast, warte heute aber auf Herbert und Ernst, um mit ihnen zum AE zu gehen. Sie sind nicht die einzigen bekannten Mitpilger in der Herberge.

Tag 20: 310 km bis Santiago – Ultreia! (17.06.14)

Tag20_3 Tag20_2 Tag20_1Im Studentenwohnheim werde ich ganz liebevoll von den älteren Damen verabschiedet, dann gehe ich nochmal an der Kathedrale vorbei, um sie im Morgenlicht zu sehen. Der Weg aus der Stadt dauert eine volle Stunde. Am Stadtrand laufe ich auf eine gemischte Gruppe auf, die auch die schönere Wegalternative gehen will: Scott (43) aus Canada, Juki (28?) aus Japan und Ewen aus Irland, rothaarig, 22, Musikstudent. Er textet mich total zu, und so übersehe ich die eigentlich unübersehbaren Hinweise auf den Abzweig zur älteren, aber schöneren Wegalternative. Scott bemerkt es 100m später, beim Zurückgehen begegnen wir der Truppe von Andreas aus Sachsen-Anhalt. Sie wollen km machen, deshalb gehen sie den Weg entlang der Schnellstraße.
Hinter dem nächsten Ort kommen wir an eine „freie“ Verpflegungsstation mit frischem und trockenem Obst, Schokolade-Riegel usw. Da bekomme ich meinen heute schon vermissten frischend O-Saft, von Hand gepresst. Bezahlung ist hier auf Spende! Auf der Bank vor uns sitzen Ernst und Herbert und amüsieren sich über unsere beiden Hundekrauler. Dann gehts weiter, Meseta-Landschaft. Uns kommen auf dem Feldweg nur zwei riesige Traktoren mit ungewöhnlichen Maschinen (Scrabber) entgegen. Was die wohl hier in der brachen Landschaft tun? Scott erklärt mir, dass die Bauern in Canada „kein Geld verdienen“, aber alles vom Größten und Feinsten hätten – kommt mir bekannt vor. Wie in der EU. In der nächsten Ortschaft ist Mittagspause, auch weil Juki nickt. Laut Scott geht es ihr nicht gut, aber bei Asiaten ist ja immer alles in Ordnung. Ernst und Herbert kommen auch in die Bar und holen sich ihr Bocadillo. Ich mache noch Fußpflege, dann gehts weiter. Scott liest mir aus seinem Führer vor, dass hier in der Gegend eine eigene Kultur existiert, die Mazarife, ca. ein Dutzend Dörfer. Stammt angeblich von Berbern aus N- Afrika, die im Schlepptau der Mauren hierher kamen. In Villar de Mazarife macht das Trio Halt, sie haben hier die Herberge gebucht. Der an der Verpflegungsstation zu uns gestoßene Italiener (Fabio, 32?) will weitergehen , denn er hat erst in Leon angefangen und hat nur gut zwei Wochen Urlaub. Ich befrage meine Füße, sie geben grünes Licht. Los gehts. Fabio legt ein gutes Tempo vor, entspricht meiner „Kampfgeschwindigkeit“. Wie auf der „Pilgerautobahn“. Wasser habe ich nachgetankt, also kann nichts passieren.
Nach einer scharfen Kurve sehen wir im Schatten eine Fee sitzen –
Shiny und Chris! Richtig, heute hatten wir uns noch nicht getroffen (wie bisher jeden Tag seit Fromista – ohne jede Absprache. Unglaublich.)
Jetzt ist wieder Ackerbau, riesige Felder. Geht hier dank Bewässerung aus dem großen Kanal (aus den Bergen?) mit verzeigten Verteiler- Wasserrinnen. Dann kommt schon Villavante. Km 32. Halb vier. Die Herberge ist wie beschrieben in einem neuen Haus, alles bicobello, mit freundlichen Wirten und einem kommunikativen Papagei. 22 Betten, AE für 9 €. Da brauche ich gar nicht mehr aus dem Haus zu gehen. Kultivieren, Füße checken und pflegen – sie sind o. k.. Wanderstiefel heute war offensichtlich eine gute Wahl.
Fabio holt mich zum Abendessen. Er erklärt mir, dass ihm morgen auch Astorga (meine Planung, 23 km) genügt. Eine versteckte Ansage, dass er gerne mit mir gehen will?
In der Herberge gibts keinen TV-Kanal für WM-Fußball. Die Chefin verteilt WM-Kalender – eine nette Geste. Nach dem Essen fotografiere ich meinen Bart, mit Fabio gehe ich dann zur (einzigen?) Bar im Dorf, ob es dort Fußball gibt. Die Bar ist total leer. Also kein Fußball heute, macht nix. Wäre eh nur Belgien gegen Algerien. Also schreibe ich den Blog fertig.