Laut Reiseführer soll jetzt der härteste Streckenabschnitt kommen: von Carrión de los Condes nach Calzadilla de la Cueza, weil: 18 km, kein Dorf, durch die Meseta, ohne Baum und Strauch. Ergebnis: Um 6 Uhr war der Schlafsaal (24 Betten) bis auf 3 leer. Ich glaube, die ersten waren schon um 5 auf. Der Holländer erzählte mir zwei Dörfer später, dass er wegen der schlimmen Blasen seiner Frau mit ihr schon um 4 los wäre. Mondschein sei ausreichend gewesen.
Jedenfalls kippte ich heute 2,5 Liter Wasser in meine Rucksack-Tank. Beim Frühstück traf ich Ernst und Herbert, wir waren uns schnell einig, dass alles viel Getöse und Angst der (vor allem jungen) Pilger sei. Um halb sieben startete ich dann. An der Stadtgrenze überholte ich mein Koreaner-Ehepaar und biege dann auf die Pilger-Autobahn ein. Unglaublich: Pilger, soweit das Auge reicht. Und die Strecke ist schnurgerade. Die Wegqualität lässt höheres Tempo zu, also darf sich meine Gehmaschine auf Eigenfrequenz einstellen. Ich überhole Bekannte und Unbekannte, z. B. den fülligen Asiaten, der gestern Abend um halb sieben völlig erschöpft in die Herberge kam und einen Platz im Flur bekam, oder das lustige Asiatenpärchen, das gut in die Landschaft passt (Don Qijote und Sancho Pansa), den lauten Italiener, besonders viele Junge. Die ersten 1,5 Stunden ist der Weg voll beschattet – da haben die Spanier gute Arbeit geleitet. Dann werden die Bäume und Büsche langsam weniger, aber immer noch schattenspendend. Und dann die Überraschung: Eine „Autobahnraststätte“, bewirtet. Die Plätze sind schon voll. Und eine halbe Stunde später die nächste, ohne Bewirtung. Schuhe ausziehen, um Steine zu entfernen, das Küchenstückchen von gestern Abend essen. Die amerikanische Abendessen-Tischnachbarin bietet mir Kirschen an, dann ist der Boxenstopp gemacht. Trinken tue ich laufend von meinem H2O- System, das ist schon sehr praktisch. Dann nach einer Linkskurve kommt das Zieldorf, es ist erst 3/4 10! Guter Lauf! In der Bar ist Hochbetrieb, viele Bekannte, auch der koreanische Pfarrer mit seiner Truppe. Kakao-Pause. Wasser nachfüllen. Mindestens ein Dorf weiter, es sind ja erst 18 km. Dort bin ich eine Stunde später, in der Bar treffe ich wie erwähnt das niederländisch-australische Paar. Sie schreibt auf ihrem Mac-Book den Reisebericht, er fotografiert ja. Schönes Zusatz-Gewicht. Aber ich gehe auch weiter, es ist erst 11. Für die nächste Ortschaft ist mir Aufhören auch noch zu früh, in Terradillos de Templarios haben die Templer eine von außen sehr ansprechende Herberge, aber sie ist nicht optimal bewertet. Ich verspreche meinen Füßen, im folgenden Moratinos Schluss zu machen. Dort sehe ich die drei Alaska-Girls in Richtung Herberge gehen. Im Garten sitzen vier Gäste und meinen, der Wirt würde bald kommen. Da sich nach 5 min nichts tut, stehen die drei wieder auf und gehen. Motiviert mich, mit zu gehen. In San Nicolás geht das Einchecken flott, im OG sind die getrenntgeschlechtlichen Schlafräume und umfangreiche Sanitärräume. Duschen, Hemd und Socken waschen, Nickerchen machen. Es waren heute 34 km. Respekt.
Zum Glück gibts gutes Wifi. Bericht schreiben. Ich gehe mal um Haus und Kirche. Brutale Hitze. Bestimmt 35 Grad. Jetzt um 5. Santa Missa nur an Domingo, 11 Uhr. Das NL-AUS-Pärchen ist auch eingetroffen. Und da trotz ihrer Blasen! Im Gärtchen wäscht ein Radler-Gast seine Packtaschen. Sollte ich vielleicht meine Schuhe auch mal schrubben? Sie bräuchtens dringend, doch die Lust ist gering. Ich ringe mich durch, unten kommt zur Tür herein – ich glaube es nicht – der füllige Asiate. Jetzt um 6 Uhr! Und in der Hitze! Der gibt sich aber alles! Diesen Namen muss ich mir merken: Can Tsin Tchun. Aus Korea. Ü
Um 1/2 8 gibts Abendessen, sonst nichts im Dorf.
Um 9 Uhr kommt Spanien gegen NL. Dann wird’s laut werden in der Bar unten.