Tag 30+2: Adios Santiago, buenos tardes A Coruna! (29.06.14)

Ich kann zum Glück mein Gepäck in der Albergue stehen lassen. So gehe ich zum Frühstück in das Parador, das muss ich mir anschauen. Ich treffe dort den Australier Ben und ein evangelisches Ehepaar, welche schon ca. 10 mal hier waren. Ben war Militär und arbeitet jetzt mit einem internationalen Netzwerk an einer Doku der Kriege mit australischen Soldaten, dazu geht er dann zu einem Kongress nach Barcelona. John, Engländer (auch Rentner), und Cordula, Fotografin aus Osnabrück, haben in der Kathedrale (kirchlich) vor einem Jahr geheiratet – beide sind evangelisch! Eine heiße Geschichte. Sie waren diesmal auf dem Camino Portugues. Aus Begeisterung für die Sache unterhalten sie eine Mini-Herberge in Osnabrück am Camino Baltico.
Ich entscheide mich jetzt für einen hier geschnitzten Santiago für Jakob. Muss sein. Dann erkämpfe ich mir einen guten Sitzplatz für die Pilgermesse. Die Ankündigung für deutsche Dienste gibt es heute von einer Pilgerin in Deutsch. Hätte ich am Freitag gebraucht. Denn um 13:40 Uhr geht mein Zug nach A Coruña.
Statistik der Pilger: Zuerst die Spanier nach Diözesen, dann alle anwesenden Länder, nach Gruppen und Einzelpilgern,
aber keine Zahlen. Priester sind jede Menge da, aus AUS, DE, IT, FR, BRA, USA. Diesmal gibt es Ministranten, es sind Seminaristen; aber immerhin, es sind die ersten, die ich hier in Spanien erlebe.
Dann ist Eile geboten, in 40 min geht der Zug. Es ist ein 3-Wagen-Diesel-Triebzug, ganz komfortabel. 30 Minuten.
Tourist-Info wegen Hotel usw. ist nicht am Bahnhof, d. h. 20 min Warten und 15 min Busfahrt. Touri-Info: Kein Hotel am Flughafen, keine Unterstellmöglichkeiten für Rucksack in der City. Ich versuchs mal bei Albergues – zu. An der Promenade habe ich Glück: Im „Gasthof“ stellen sie meinem Rucksack unter. Charme oder Mitleid mit Alter? Egal, Erfolg zählt. Nun muss ich konsumieren. Es ist eine Kentucky-Fritten-Bude, aber sie haben mir den Tag gerettet. Es gibt einen Buslinie, die entlang der ganzen Promenade incl. Leuchtturm fährt. Das ist meine Sache. Dann fahre ich um 10 Uhr zum Flughafen. Buen Provecho!
Eigentlich bin ich Laufen gewohnt. Das Wetter ist schön, also zuerst Altstadt. Ganz nett, aber nicht mehr viel Historisches. Lustig: Die
Kanonen zielen auf die Casa de Constitution – ? Dann die Uferpromenade Richtung Leuchtturm. Schöne Felsenküste. Und auf einem Hügel etwas Kunst: Hinkelsteine, Stonehenge, Moschee, Herkules im Boot. Aber dann der ganze Stolz von A Coruña: der Leuchtturm, Herkulesturm, UNICEF-Weltkulturerbe. Wirklich gut. Dann auf der Promenade weiter. Die Stadtstrände kommen in Sicht. Tolle Strände, gut für so eine Stadt. Meine Füße melden sich – sie stecken schon den ganzen Tag in den Wanderstiefeln. Sind heiß. Habe verstanden. Im Atlantik baden. Besser als in Finisterre, dort gibt keinen solchen Strand. 20 min im frischen Wasser – nach 5 Wochen Wanderschuhe und 800 km Tortour eine Wohltat – ein Gefühl wie im Himmel!
Dann quer durch die Stadt, wieder den „Gasthof“ suchen, aber vorher die Bushaltestellen zum Flughafen – nicht ganz einfach, sind verlegt wegen Baustelle – dann Abendessen, Sangria ist da Beste. Mein Rucksack ist auch noch da. Der letzte Bus um halb elf kommt tatsächlich, was kann jetzt noch passieren! A Coruña (vor Ort nennen sie sich „A“ statt Spanisch „La“) du bleibst mir positiv in Erinnerung! Der Busfahrer ist gut drauf, lässt’s gut laufen, will vermutlich auch heim. Skoda-Bremser vor uns. Wir sind da!
Elf Uhr am Flughafen. Es gibt tatsächlich noch einen Flug – um 12 nach Madrid. Aber alle Shops sind schon zu, die große Cafeteria hat gerade den Gitter-Rollo runter gelassen. Aber es laufen noch ca. 30 Leute hier rum. Alles in einer großen Halle, ein bisschen Wohnzimmer- Atmosphäres. Nett. Auf meinem angepeilten 4er- Sitzblock hat sich eine Lady niedergelassen – sie wird sicher auch noch gehen. Dann werde ich mich hier ausstrecken. Hoffentlich schmeissen sie mich nicht raus. Nach 5 Wochen Albergues macht mir eine Nacht Flughafen bestimmt nichts aus. Besser als der Stress mit Hotelsuche, ganz früh Aufstehen, aufs Taxi hoffen (um 5!), von den Kosten ganz zu schweigen. 5 Wochen Camino macht locker und zeigt das Wesentliche und Wichtige. Die Big Business – Kultur beherrsche ich genau so gut. Diese Bewusstsein gibt Souveränität.
Jetzt, zehn vor Zwölf, kommt der letzte Flieger an, aus Sevilla. Jede Menge Passagiere. Die CarRentals hoffen aufs letzte Geschäft. Dann wird’s hier dunkel werden. Bin gespannt, was dann passiert. Die komplementierten mich tatsächlich Au dem Gebäude, weil sie von eins bis fünf geschlossen haben. Habe ich noch nicht erlebt. Das habe ich ihnen schon deutlich gemacht. Besonders weil es keinen Bus für die frühen Flieger gibt. Aber im Vorgebäude ist es auch warm und trocken, und ich habe einen Schlafsack. Bloß – woher kommt hier der Hirschkäfer um fünf Uhr früh? Ich setzt ihn in den Blumenkasten. Dann gehe ich rüber zum Einchecken.

Tag 30+1: Die Ankunft genießen (28.06.14)

Ich muss nicht um sechs Uhr raus, es reicht, wenn ich kurz nach neun am Pilgerbüro bin, um meine Compostela (= Bestätigung für den Weg) abzuholen. Ich habe Glück, es sind nur acht Leute vier mir. Keine 120 wie gestern. Die Chica stellt mir die Urkunde auf heute aus – was solls. Weil es regnet, habe ich beschlossen, nicht nach Finisterre zu fahren, da wäre es eher fad. Habe ich schon gesehen. Also Sightseeing in Santiago. Anschließend frühstücke ich gegenüber mit den Amerikanerinnen Kati (habe ich öfter getroffen) und Kathrin. Dann sind Museen auf dem Programm: Das der Kathedrale und das Camino-Museum. Sehr gut gemacht, auch Modelle zum Frühstadium des Heiligtums und sowas wie ein Computerspiel über einen Pilger im frühmittelalterlichen Santiago. Vor zwölf schaue ich mal auf den Kathedralenvorplatz, da treffe ich tatsächlich den Italiener Leonardo (Foncebadón). Dann ist Mittagszeit. Ich bin überrascht über ein Büffet-Angebot für 9€. Eine gute Wahl. Dann ist Siesta. Dann ist Souvenir-Einkauf und ein Testlauf zum Bahnhof dran, denn morgen um 13:40 Uhr geht mein Zug nach La Coruña. Und die Pilgermesse geht bis 13Uhr. Auf dem Rückweg treffe ich Paolo, den Begleiter des indischen Pfarrers. Letzterer ist bereits abgereist. Am Abend höre ich aus eine kleinen Gruppe fränkische Töne: Manfred aus der Kronacher Gegend ist den Camino del Norte gelaufen und hat gerade zweit Mitpilgerinnen getroffen. Kurz vor sieben gehe ich zum Personaleingang des Parador-Hotels – doch da sind schon zwölf Leute, alle im Innenbereich, so dass ich sie von außen nicht gesehen habe. Pilgermenü im 5-Sterne-Hotel wäre schon interessant gewesen (aber nur im Personalbereich). Pech. So ist heute Obst-AE und anschließend ein Gute-Nacht-Bier im „Bofumario“ direkt gegenüber der Herberge.

Tag 30: Am Ziel der Sehnsucht (27.06.14)

Heute wars mal umgekehrt beim Aufstehen: Ich war heute der erste der 20 im Schlafsaal, und das um 06:15! Wa ist los? Am Ortsende bin ich in einem Pulk von 15 Leuten, dann gebe ich Gas. Eine Stunde später kommt eine gute Bar, Frühstück. Alles professionell eingerichtet, mit Selbstbedinungs-Anstehschlange usw. Da merkt man, dass wesentlich mehr los ist. Ist halt doch die Einflugschneisse nach Santiago. Und die Preise sind auch spürbar höher. Dann der nächste Abschnitt nach Santiago Stadtrand – Kakao-Pause an der Campingplatz-Bar. Schließlich erreiche ich um 10 Monte Gozo. Nebenan das n. m. M. Nicht gerade gelungene Denkmal vom Besuch Papst Johannes Paul II – die meisten halten das hier für den richtigen Monte Gozo, doch der ist was ganz anderes. Ich finde den Weg dorthin, 500 m, wo die zwei Bronce-Pilger erfreut auf die Türme der Kathedrale blicken. Die Zeit ist mir das wert. Nach mir kommt nur noch ein gleichaltriger Japaner. Sonst niemand.
Dann sind es noch 4,7 km. Tempo, denn ich will noch zur Pilgermesse. Und mit Rucksack darf man nicht in die Kathedrale. Von unterwegs buche ich meinen Herbergsplatz, Nähe Kathedrale. Um 11:35 Uhr biege ich auf den Kathedralen-Vorplatz ein, dabei treffe ich auf meinen „schnellen“ Italiener Fabio, der wegen Problemen mit den Füßen kürzere Etappen eingelegt hat. Und dann der ganz große Augenblick: Die Kathedrale! 30 Tage Entbehrung, 800 km unter den Füssen – genau dafür! Durchatmen, den Augenblick wirken lassen – – – Dann schnell einen für das „Gipfelfoto“ ansprechen – geht in jeder Sprache. Im Pilgerbüro ist eine riesige Schlange, alle wollen auch ihren Rucksack unterstellen. Doch da meine Herberge in der Nähe ist, schaffe ich den Weg und Einchecken bis zum Beginn der Messe. Die Statistik der heutigen Pilgerzahlen wird verlesen, leider nur auf Spanisch. Nach der Messe treffe ich den schnellen Alex (50 km am Tag, siehe Foncebadón) und auch Tom, dem Hamburger mit dem Pilgerkreuz. Herberge, Kultivieren, Siesta.
Ich treffe Tom wieder um sieben vor der Kathedrale und gehe mit ihm dann zum Abendessen. Vollständig Ankommen dauert noch.

Tag 29: alles vorbereiten für den großen Einzug morgen in Santiago – 20km vor dem Ziel in Pedrouzo (26.06.14)

Heute nochmal 34 km ab Sarria, um eine gute letzte Strecke zu habe (20 km nach Santiago rein). Zwanzig vor sieben gehts los. Fertig gefrühstückt. Es wird gerade hell.
Es ist bewölkt, gut zu laufen. Aber es kommt gleich ein langer, steiler Anstieg (wie noch mehr heute), so dass ich bald meinen Fleece ausziehe. Es sind immer wieder Andere zu überholen, besonders Gruppen, welche erst eingestiegen sind: Eine Kindergruppe mit Betreuer, eine (Klein-)Bus-Gruppe aus Frankfurt, eine gemischte Gruppe aus Houston (Texas) von einer kath.-charismatischen Kirche, eingestiegen in Astorga. Auch sehe ich etliche Invaliden u. Ä. Wie eine Mann, der nach Holzbein aussieht, einer Frau mit massiv verbundenem Bein und einer asiatischen Mutter mit einem Down-Syndrom- Jungen. Aber auch viele ganz ohne oder nur leichtem Gepäck.
In Boente eröffnen gerade die“beiden Deutschen“ ihre Bar, ein blitzsauberes neues Haus, es bleiben auch. Isle Fotografen stehen. Leider ist es noch viel zu früh für das 2te Frühstück.
Um 10 mache ich Kakao-Pause in Arzú in einer Metzgerei (mit Bar). Ich hoffe, noch bis Pedrouzo zu kommen, aber die letzten 5 km wollen einfach nicht anfangen. So lege ich doch einen Mittagsimbiss ein, halb zwei. Die Bocadilla con Tortilla ist ein Riesen Ding, schmeckt und geht ganz rein. Eine Stunde später bin ich an meiner Wunsch-Herberge, bekomme gerade den letzten Platz. Klappt doch. Jetzt Kultivieren, Waschen, Heimflug für Montag buchen und dann aufs Fußballspiel warten. Oh Schreck – hier übertragen sie Portugal gegen Ghana. Muss ich doch noch ins Dorf, vielleicht gibts da ein D – USA-Spiel. Aber Heimflug Buchen hat Priorität. Dauer leider so lang wie das Spiel, weil die Seite recht labil ist und immer wieder auf Spanisch umschaltetet. Und dann noch über den PC hier in der Herberge ausdrucken. Ronaldo
Muss weinen, die Spanier hier auch, Müller sehe ich leider nicht jubeln. Ich konnte nur auf meiner WM-App den Spielkommentar verfolgen. Zum Achtelfinale bin ich zu Haus!
Aber erst kommt noch der krönende Abschluss morgen. Ich muss
Mir noch eine Unterkunft aussuchen, um 12 möchte ich in die Pilgermesse. Wahrscheinlich mit gigantischem Weihrauchfass!

Tag 28: An die 50 km-Grenze in Melide (25.06.14)

Die Studenten-Gruppe, auch in unserer Herberge schliefen, sind um 6 Uhr schon weg. Sie kommen übrigens aus Cansas City, USA, die Reise war von der Uni angeboten. Nach 1 Stunde traf ich sie an der Bar, wo ich auch frühstückte.

Deutsche Reisegruppe aus Ulm, ein Bus voll

ME vor Coto

Herberge und Pulpo in Melide, 51 km vor Santiago

Tag 27: Durch Portomarin bis Gonzar (24.06.14)

Nach einer sehr guten Nacht habe ich Wunschfrühstück drei Häuser weiter. Der Wirt scheint sein bester Kunde am Spielautomaten zu sein. sein Kuchen ist besser als ein Croissant. Dann gehts hinaus aus Sarria, immer nach oben, vorbei am Kloster. Die Wege sind gut, aber vom abendlichen Regensturm nass, die ungeschotterten voller Pfützen und matschig. Weiter oben ist ein Maisfeld z. T. plattgeschwemmt. Die Landschaft ist frisch-grün, es geht manchmal durch Alleen, dann aber meistens mehr auf als ab. Zwei Stunden lang. Die Bar im ersten Dorf ist schon belagert, keine bekannten Gesichter. Kakao bekomme ich in einer extra großen Tasse Milch, da sind ja die nächsten zwei Stunden gesichert. Unterwegs eine Familie aus Arizona mit zwei Jungs mit ca 10, die Mutter tröstet sie, dass sie viele andere Jungs und Mädchen treffen werden. Ein Senior, bestimmt über 75, aus Aachen, ist heuer schon zum achten Mal auf dem Camino, immer kurze Etappen. Heuer startete er in Sarria. Ein mittelalterlicher Engländer – es gibt wenige hier – erklärt mir, dass er schon die letzten drei Jahre Strecken gelaufen sei. Dann spricht ihn eine Engländerin an. Eine neue Gesprächspartnerin für ihn.
Dann gehts nach Portomarin hinunter. Liegt am aufgestauten Rio Miño. Der Ort wurde in den 60ern oben neu aufgebaut, weil der ursprüngliche im Stausee versank. Nur die Kirche San Nicolás haben sie Stein für Stein abgetragen und wieder original aufgebaut. Ich nehme eine Mittagsstärkung, Spiegeleier mit Pommes, Suppe gibts erst um eins. Kirche anschauen, um diese Zeit wie in Spanien üblich nur von außen, Wasser nachfüllen, dann warten die nächsten gut acht km. Ich möchte meine gute Laufleistung von gestern nicht vertun, denn ab Gonzar wären es noch 88 km. Das bedeutet zwei 35er und eine finale 20er Etappe am Freitag bis Santiago! Jakobus zieht schon deutlich. Und das Wetter hat heute auch gehalten, es war zwar immer dicht bewölkt, aber kein Regen. Jetzt auch noch nicht, meine Wäsche muss ja noch trocknen. Hier in der Herberge wollten sie mir erst keinen Platz geben, da ging ich schon in Richtung kommunale Herberge los, als mir eine ältere Dame nachlief, dass sie doch noch ein Bett hätten. Diese private Herberge ist wirklich sehr gepflegt, in einem gut renovierten Steinhaus, mit schönem Innenhof mit Bar. Also ein ganzer Stern mehr als die Öffentlichen. Die Gruppe Amerikaner, die gebucht hatten, sind auch eingelaufen, gemischtes Alter, sehr höflich. (In den kommunalen, so die Regel, kann nicht gebucht werden.) Ab sieben Uhr soll’s Abendessen geben. Da kann ich jetzt noch meine Fotos und den Bericht hochladen. Vielleicht gibts auch noch Fussball auf dem Fernseher, der im Aufenthaltsraum läuft.

Tag 26: Hinunter bis Sarria (23.06.2014)

Oben bei O Sebreiro ist kein Nebel mehr wie gestern Abend nach den Regenschauer. Wege sind ganz gut. Es geht immer wieder die Straße lang, dann wieder mal weg und dann aber bergab- bergauf, um wieder au die Straße zu kommen. Besonders das letzt Stück bis zum Alto de Poio ist kriminell, wie gestern nach O Sebreiro. Wozu, frage ich mich. Ich glaube, das der frühere Camino genau da lang ging, wo heute die Landstrasse lang geht. Nur hat man den Peregrinos den Schwierigkeitsgrad erhöht, damit sie in den Bars mehr verzehren. Oben am Alto in der Bar treffe ich Father Mathew (indischer Pfarrer) und seine Italiener Paolo. Wenn es stimmt, sind die 45 min vor mir losgelaufen! Hier bekomme ich mein Standard- Frühstück und laufen dann hinterher, nach 20 min habe ich Mathew eingeholt. Wir sind von einer Horde junger Italiener umgeben, die erst heute losgelaufen sind. Im nächsten Dorf steht wie im Reiseführer beschrieben Carmen und bietet Pfannkuchen (mit Zucker) an. Um halb 11 machen wir Rast an einer Bar, ich hole mir meinen Kakao. Mathew wartet auf Paolo, als er da ist, lass ich die beiden weiter ziehen. Um halb zwölf laufe ich durch Triacastele, es ist mir zu früh, um heute Schluss zu machen. Andreas bleibt hier. Weiters nehme ich den Original-Weg, nicht den neuen über Samos. In A Balsa mache ich dann Mittag, ich traue mich in eine Alternative Bar: Sie, ca. 25, ist aus Ravensburg, ist nach einem Camino (nach Tod ihrer Mutter) wieder zurück gekommen und hat mit ihrem italienischen Freund vom Camino hier ein alternatives Leben angefangen. Ich bekomme einen bunt ausgemalten Stempel und ein belegtes Brötchen, eher Burger, mit Ei und Tomate. Vegetarisch. Passt auch. Dann gehts weiter, sehr schöne Landschaft, wieder wie Fränkische. Und ein kleiner Pass, d. h. hinauf und dann wieder hinunter. Dann will ich in Calvor übernachten wie die zwei Paare, die ich überholt habe. Doch die Herberge finde ich nicht gleich. Und es ziehen bedrohliche Gewitterwolken herum. Also weiter bis San Mamede. Ein Norweger, der seine Frau verpasst hat, weil er den falschen Weg genommen hat, zeigt mir die Herberge. Jakobus hat mich erhört, denn just erst in dem Moment, als ich in der Herberge einlaufe, bricht das Inferno los. Es regnet waagrecht. Aber der Herbergschef bedauert, dass die Bude voll ist. Und jetzt? Warten. Zwei Deutsche sitzen schon da, dann kommt noch einer mit einem Pilgerkreuz, 2 m hoch und 1,5 m der Querbalken, aus Stecken mit 5 cm Durchmesser. Im Regen kommen noch ein junges Koreanerpärchen und eine Spanierin. Ich nehme das Angebot auf einen Kaffee an. Dann dürfen wir uns ins „Wohnzimmer“ (Aufenthaltsraum) der sehr schönen Herberge setzen. Wider Erwarten kläret es nach einer Stunde auf, man kann loslaufen. Nach Sarria rein ist’s 4 km. 1 Stunde. Ich gehe in die Herberge der Spanierin, was sich als guter Griff herausstellt. Zum Abendessen nebenan treffe ich die beiden Berliner aus San Mamede. Sie residieren nebenan, Einzelzimmer. Heute war ihr erster Tag. Guido, Anfang 30, ist Versicherungskaufmann im Innendienst, Peter Ende 50 und Feuerwehrmann. Er hat das letzte halbe Jahr nur gelegen, wegen Rückenproblemen. Dem Guido muss ich alles Mögliche erzählen, von meinem Beruf über meine Etappen bis zum Inhalt meins Rucksacks – er hat doch tatsächlich sieben Unterhosen usw. dabei! Peter amüsiert sich darüber.
Schade, dass ich um 10 ins Bett gehe, denn heute ist hier großes Abschlussfest zu Johannes- Feierlichkeiten mit großem Feuer und so. Aber ich bin ja sehr zufrieden mit meinen 42 km heute.
Ich habe ein Bett am Fenster in den sehr großzügig möblierten Schlafsaal mit 20 Leute, nur zur Hälfte belegt.

Tag 25: Hinauf nach O Sebreiro, hinüber nach Galicien (22.06.14)

In Villafranca droht es zu regnen, die Straßen sind nass. Also Regenjacke im Rucksack nach oben holen und ihm seine Regenhaube überstülpen. Doch nach 20 Minuten hellt es sich auf. Heute geht es überwiegend entlang der Landstraße A142. Alternativ gibt es eine Weg über den Berg, doch das brauche ich heute nicht. Diesen Weg lasse ich den Sportlern und aber Bergbesessenen. Entlang der Straße finde ich es vernichtet so schlecht wie beschrieben, zumal die Natur immer üppiger und die Landschaft immer romantischer wird, wie in einem Tal der Fränkischen Schweiz, nur höher. Mir scheint, der Kerkeling hat mit seiner diesbezüglichen Kritik hier von anderen übernommen. Es geht auf jeden Fall ziemlich eben zu, nur leichte Steigung. Da kann ich die 10
km inclusive Pausen in unter 2 Std. erledigen. Weitere 5 km sind dann, was die Steigung angeht, in einer anderen Kategorie, aber noch auf befestigten Straßen. Aber nach Herrerias kommt noch 400 Höhenmeter von den gesamten 600 auf der heutigen Strecke. Ich beschließe, doch einen Teil der 15 km vor der Mittagspause zu bewältigen, um den letzten Abschnitt für das Mittagstief angemessener zu machen. Gut so. Denn jetzt wir es wirklich derb: der steilste Anstieg auf dem Camino, dazu steinige enge Abschnitte. Ich passiere ab dem malerischen Tal von Herreiros wirklich die angekündigten „fertigen“ Pilger am Wegesrand. Mein Hemd ist nur noch Wasserfilter. Aber Landschaft und Natur sind traumhaft. Um halb eins bin ich La Faba. In einer alternativen Bar sitzen der indische Pfarrer Mathew um sein italienische Begleiter. Dort nehme ich zuerst exotische Säfte: Orange mit Ingwer und Minze, dann Gemüsesaft. Kann mit dem ersten nicht mithalten. Dann Linsensuppe. Ich glaube , das ist genau richtig vor dem weiteren Aufstieg. Ausgiebig Pflege meiner Freunde, denn sie müssen jetzt wieder über Geröll und Steine. Und es kommt wirklich deftig. Wieder „Leichen“ am Wegesrand. Ich lass mich aber auch von Jüngeren überholen, wie von Andreas mit seiner Mannschaft. Hier kommt einfach die max. Pulszahl zum tragen, und da bin ich halt doppelt so alt wie die. Aber weiter oben sind dann die Bäume weg und es bietet sich eine phantastische Aussicht. Grandios. Und da bin ich in drei Stunden hoch.
Jetzt kommt auch der schöne Grenzstein von Galicien, und kaum einen km weiter bin ich in O Sebreiro. Vor 20 Jahren war hier neben der Kirche nicht viel, heute stehen da ca. 15 Häuser für Pilger und vor allem Touris (Nippes-Läden). An das Denkmal für den Pfarrer kann ich mich gut erinnern, der den Jakobsweg maßgeblich ausgeschildert hat , besonders der gelbe Pfeil stammt von ihm.
Um 7 ist Abendmesse, Pfarrer Mathew co-zelebriert. Anschließend begleite ich ihn und seinen Italiener beim Abendessen.

Tag 24: … ins Dorf der Franken fahren (Villafranca) (21.06.14)

Tag24_9 Tag24_8 Tag24_7 Tag24_6 Tag24_5 Tag24_4 Tag24_3 Tag24_2 Tag24_1Vorbei an der Templerburg gehts in Richtung Villafranca dem Bierzo. Da wir, Ernst, Herbert und ich, den Abzweig des offiziellen Camino nicht sehen, bleiben wir auf der Avenida Galicia und kommen so auf dem direkten Weg die folgenden Strassendörfer. Da kann man auch mal ein zweites Frühstück einlegen. Mein Standardtempo ist aber etwa höher als der anderen beiden, so setze ich mich ab. Hinter Pieros folge ich dann dem Abzweig von der Überlandstrasse, ausheilt mir die Autos immer zu knapp am Ellenbogen vorbei fahren. Diese nun folgen 6 km sind ganz schön nervig, weil es ordentlich auf und ab geht, auf staubigen, frisch planierten Pisten. Wäre ich doch auf der Straße geblieben. Eingekleidet Entschädigung sind die aromatischen, schon etwa verschrumpelten Kirschen, die ich mir heute mal pflücke.
In Villafranca sind gleich am Eingang zwei Herberge : eine als kultig beschriebene, wo ich aber 1/2 Stunde auf die Öffnung waren müsste. Eine Horde Japaner fotografiert auch schon rum. Also gehe ich hinüber zur städtischen Herberge. Siesta, Socken waschen, und im Städtchen Obst kaufen, ebenso ein neues Taschenmesser. Jetzt bin ich bereit, auf der Plaza Major zum AE zu gehen und anschließend in die Abendmesse. Ich werde gleich den indischen Pfarrer (Aushilfe in Augsburg, Studium in Rom, nach dem Camino zurück nach Indien als Kardinals-Sekretär.) fragen, ob er auch schon mitgeht.

Tag 23: Vom Cruz de Ferro zur Templer-Burg (20.06.14)

Tag23_7 Tag23_6 Tag23_5 Tag23_4  Tag23_2 Tag23_1Eigentlich wollte ich zum Sonnenaufgang am Cruz de Ferro sein, aber der Herbergswirt sagte mir, dass man ihn von dort gar nicht sieht. Also doch erst zum Frühstück aufstehen und dann hoch zum Kreuz. Außen begegnet mir Andreas mit einem Mitpilger, aber sie warten auf den Rest der Gruppe. Da Cruz de Ferro ist ein gigantischer Steinhaufen
mit einem Eichenpfahl in der Mitte, welche ca. 10 m hoch ist und ein Eisenkreuz trägt (Name!). Der Brauch, hier einen Stein als Last abzulegen, ist vermutlich schon viel älter als der erstmals erwähnte Steinhaufen. Auf jeden Fall ist das hier einer der emotionalsten Orte auf dem ganzen Camino. Es sind schon einige Pilger da, die einen schauen die am Stamm befestigten Tücher, Bänder und Nachrichten und beschrifteten Steine an, andere fotografieren, einer legt sehr aufgewühlt mehrere Steine nieder, wieder andere sitzen gesammelt auf den Stufen der Kapelle – gut, dass noch keine Buspilger oder Touris da sind und die Stimmung stören.
Der weitere Weg ist ganz angenehm, es läuft sich leicht und zügig. Etwa eine Stunde geht es auf der Höhe entlang, bevor der z. T. steile Abstieg beginnt. Mind 800 m! Auf einem Strassenabschnitt kommt mir ein Radler-Ehepaar aus Saarbrücken entgegen, die schon in Santiago war und jetzt über die Mittelmeerküste nach Hause fährt. Tag23_3

Im lieblichen Nachtigallental setzt es mich mitten in den kleinen Bach, keine Schäden, nur ein nasser Hintern. In Mulinaseca gibts Aufzuckerung: Trinkschkolade und frischer O-Saft. Das reicht, um 2 Uhr in Ponferrada einzulaufen. In der Tradition der Tempelritter ist hier eine große städtische Herberge für über 160 Pilger, aber alles in kleinen Räumen und blitzsauber. Unterkunft gegen Spende. In der Stadt ist die riesige Burg der Templer, wieder gut hergerichtet. Hilfreich ist, dass es hier einen Audioguide in Deutsch gibt. Noch mehr beeindruckt mich die Sonderausstellung von mittelalterlichen Handschriften, mit Buchmalereien, die man gesehen haben muss. Werke von unschätzbarem Wert. Aus ganz Europa zusammengetragen.